Donnerstag, 23. Oktober 2014

Wucan - Vikarma EP


Band : Wucan
EP : Vikarma
Spielzeit : 31:00 Min.
Veröffentlichung : 14.11.2014
Plattenfirma : Metalizer Records
Homepage : www.wucan-music.de

Wertung : 8 von 10

Trackliste :
  1. Franis Vikarma
  2. Frank
  3. Dopetrotter (remastered Demo)
  4. Big Red Bun
  5. Wizard Of Concrete Jungle

Aber natürlich. Es gibt sie immer noch, diese unfassbar talentierten, mutigen und engagierten jungen Leute...voller Träume, aber mit klarem Ziel vor Augen: Die eigene Platte rauszubringen, auf der Bühne zu stehen und die Welt mit der eigenen Musik zu bereichern.

Die Rede ist von Wucan, einer hoffnungsvollen Dresdner Nachwuchsband. Und liest man sich die Homepage von Bandgründerin Francis Tobolsky durch, war der Weg bis hierher kein leichter. Von etlichen Absagen frustriert, liess sich die mutige Musikerin aber keineswegs aufhalten, im Gegenteil, sie hausierte hartnäckig weiter "weshalb ich mich zeitweise gefühlt hab wie ein verdammter Staubsaugervertreter, der von Tür zu Tür tingelt und die Leute anbettelt". Ihr Einsatz wurde letztlich belohnt. Das süddeutsche Label Metalizer Records gab der jungen Band, Sängerin und Querflötistin Francis (23), Bassist Patrik (36), Gitarrist Tim (23) und Drummer Ollie (27) die ersehnte Chance, ihren Traum zu verwirklichen und liess vom Eloy-Keyboarder Michael Gerlach die 5-Track EP Vikarma produzieren. Zunächst limitiert auf 500 Stück.

Und was soll ich sagen, es hat sich richtig gelohnt.

Der ausschliesslich im Vinylformat erhältlichen Platte geht im Gesamteindruck vielleicht ein klein wenig die Professionalität altgedienter Branchenprofis ab - die Band gleicht das aber mit einer lange nicht mehr gehörten Spielfreude und Geilheit aus, dass ich aus dem Schwärmen gar nicht mehr rauskommen mag.
Dazu kommt Francis' Talent, Songs zu schreiben. Sie versteht es, ihren Liedern dramaturgische Wendungen zu geben, was für eine so junge Musikerin schon selten ist. So zieht das nach dem hinduistischen Sanskrit betitelte Franis Vikarma seine Energie nicht nur aus der psychedelisch-bluesig aufgestellten Grundidee und seinem rauhen Charme der Anfangsminuten, sondern aus dem Wechselspiel der Emotionen. Laut und leise, schnell und langsam, hier die Querflöte mit wiederkehrendem Thema, dort das Schlagzeug (geiles Ride-Becken!) und der präzise aufspielende und erfreulich wahrnehmbare Bass. 
Die unaufdringliche, aber durch den Song führende Gitarre und vor allem Francis unverbrauchte Stimme runden den Opener richtig gut ab. Der Einstieg in den schnellen Blues Frank gelingt mit einem kernigen Harp-Intro und wandelt sich im weiteren Verlauf in eine furiose Demonstration des handwerklichen Könnens der Musiker, vor dem ich insbesondere aufgrund der Frische der hier vorliegenden Aufnahmen nur den Hut ziehen kann. Alle Vier werden ihre Fähigkeiten noch ausbauen, da bin ich mir sicher, doch was uns hier, in der Frühphase einer Band, bereits präsentiert wird, ist absolut hörens- und empfehlenswert.

Bei aller Freude und Hochachtung vor der Leistung aller Beteiligter (hierzu zähle ich auch ausdrücklich den Produzenten, der ganze Arbeit geleistet und der Musik Wucans einen sehr transparenten und gleichermaßen fetten, natürlichen Sound beschert hat), wird aber auch klar, dass den Musikern durchaus ein wenig Erfahrung fehlt. So holpert es hie und da ein wenig beim Timing, was im dritten Song, Dopetrotter, zu hören ist. Man mag überlegen, ob es nicht klüger gewesen wäre, den Song, ein remastertes Demo, wegzulassen oder nochmal einzuspielen. Gitarre und Schlagzeug traben nicht ganz sauber nebeneinader her, so groovt die Nummer nicht ganz so gut wie es möglich gewesen wäre.

Die zweite Seite der Platte wird mit Big Red Bun eingeleitet. Der Song startet sehr zurückhaltend, Gitarre, Bongos und Francis' Gesang dominieren die ersten, entspannten, drei Minuten. Dann die Temposteigerung, die Querflöte - plötzlich entsteht eine ganz andere, an Jethro Tull erinnernde, proggige Stimmung. Die kann dem Vergleich mit solchen Ikonen vielleicht noch nicht ganz standhalten. Aber, Wizard Of Concrete Jungle, der fünfte und letzte Song, stellt eins unmissverständlich klar: Hier ist eine Gruppe junger Musiker auf einem verdammt guten Weg und in dieses Stück haben die Wucans alle zur Verfügung stehenden Zutaten reingepackt.

Ich wiederhole mich gern, das Songwriting und die Fähigkeit den Hörer zu binden ist dermaßen ausgeprägt, für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis Wucan einen Klassiker raushauen, den wir seit seligen Krautrockzeiten nicht mehr erleben durften.  

Zurück zu Wizard Of Concrete Jungle. Die Nummer packt den Hörer bei den Eiern und lässt gemeine neun Minuten lang nicht mehr los. Freunde, die Nummer wird live garantiert auf das Doppelte ausgedehnt werden, aber langweilig wird sie mit keiner Sekunde, soviel ist sicher. Wenn Francis "I'm not a girl of your time" singt, nehme ich ihr das jedenfalls voll ab...

Eine ganz feine EP ist auf meinem Tisch gelandet und ich empfehle sie unseren Lesern gern weiter, ein dermaßen starker Einstieg wird von mir gerne mit einer hohen Benotung belohnt. Der leichte Abzug begründet sich, wie erwähnt, in den kleinen Unwägbarkeiten. Diese gehören für mich aber zu handgemachter Musik dazu, im Gegenteil, in zwanzig Jahren werden sich alle Fans an die Anfangstage einer tollen deutschen Band namens Wucan erinnern, deren Debutalbum übrigens Mitte nächsten Jahres an den Start geht.

Bis dahin...


Bernd Fischer

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke für deinen Kommentar.
Dein Rockingboy-Team

P.S.: Beleidigende Kommentare werden sofort gelöscht. Bitte achtet auf eure Formulierungen - auch hier gilt: Höflich und sachlich bleiben.