Donnerstag, 1. Dezember 2016

Alvin Lee - Pump Iron !


Interpret : Alvin Lee
Album : Pump Iron !
Spielzeit : 39:42 Min.
Veröffentlichung : 18.11.2016 (1975)
Plattenfirma : Repertoire Records
Homepage : www.alvinlee.com

Wertung : 7 von 10

Trackliste :
  1. One More Chance
  2. Try To Be Righteous
  3. You Told Me
  4. Have Mercy
  5. Julian Rice
  1. Time And Space
  2. Burnt Fungus
  3. The Darkest Night
  4. It's Allright Now
  5. Truckin' Down The Other Way
  6. Let The Sea Burn Down

1975 war man ja in meiner Famile entweder Pink Floyd, Schlager oder Disco-Fan oder man stritt sich um die Chance, Mittwoch Abends Mal Sondock's Hitparade mitschneiden zu dürfen. Durfte man aber nur, WENN Vaters Stereoanlage nicht gerade von selbigem mit klassischer Musik frequentiert wurde. So kam man mit ganz viel Glück in den Genuss guter Mucke, wie dem sich ankündigenden Punk und natürlich Glam Rock. OK, ich war sieben Jahre alt, fand daß Smokie die Welt regierten und bekam durch meine Schwestern langsam mit, dass es da noch mehr gab als den Bubblegum-Rock der Jungs aus Bradford. Blues oder Bluesrock stand den drei Damen natürlich nicht im Sinn und und so hätte ein gewisser Alvin Lee wohl tun können was er wollte, Notiz hätten wir von ihm garantiert nicht genommen. Weshalb es mich nun umso mehr erfreut, dass sich das Hamburger 
Repertoire-Label, seit jeher spezialisiert auf die Wiederentdeckung guter Musik aus vergangenen Zeiten, nun des Werks von Alvin Lee annimmt. 

Die drei mir vorliegenden Alben stammen aus der Frühphase der Solokarriere des Sängers und Gitarristen, der im Jahr 2013 im Alter von 68 Jahren starb. Alvin Lee hatte Ten Years After mitgegründet, und feierte als einst "schnellster Gitarrist der Welt" beträchtliche Erfolge mit den Blues- und Hardrockpionieren, die er 1974 verließ um sich und seine musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen. Von einem kurzen Intermezzo im Jahr 1983 abgesehen, begann er erst ab 1988 wieder, ernsthaft mit den ehemaligen TYA-Mitgliedern zu arbeiten.


Nach etlichen Jahren des Tourens mit TYA befand sich Alvin Lee 1973 in der Stimmung, mit neuen Musikern ungewohntes Material auszuprobieren. So entstand in Lee's Heimstudio zunächst On The Road To Freedom, ein sehr ruhiges Americana-Album, welches er mit dem US-Gospelsänger Mylon LeFevre aufnahm. Die Platte fiel aufgrund ihres countryesken und eher soften Charakters bei den alten Fans gnadenlos durch, erntete später aber tolle Kritiken. Nebst In Flight, einem Live-Album, das er 1974 als Alvin Lee & Co. veröffentlichte, darf Pump Iron ! somit wohl als das erste Solo-Album bezeichnet werden. Mit dem kraftvollen Titel stellte der Gitarrist auch klar, dass der eingeschlagene, deutlich softere Weg keine Einbahnstraße wäre, sondern lediglich eine Phase. In der vorliegenden Original-LP-Version finden sich 11 Titel, spätere Auflagen sollten noch zwei Bonus-Songs hinzubekommen. Doch auch Pump Iron ! sollte zunächst in der kritischen Anhängerschaft, die ihm den Split mit Ten Years After so schnell nicht verzeihen mochten, durchfallen.

Und das, obwohl sich gute Songs auf der Platte finden. Problem war die Abkehr vom stark Bluesrock beeinflussten, leicht psychedelischen TYA-Sound, zwar längst nicht mehr so radikal wie auf dem '73er Album, aber noch deutlich hörbar. Der Opener lässt denn auch sofort erahnen dass der Zeitgeist seine Spuren hinterlassen hatte, mit dem stoischen Drum-Beat und Einsatz eines funkigen Fusion-Keyboards geriert sich One More Chance als eine Mischung aus Disco- und Rockmusik und manch einer mag seinerzeit mit dem Kopf geschüttelt haben. 




Aus heutiger Sicht halb so wild, weil als musikalisches Zeitdokument ganz spannend anzuhören, aber mehr auch nicht. Der erste Eindruck täuscht allerdings, auf der Platte ist etwas mehr als der Versuch, einen Hit zu landen, vorzufinden. Mit Try To Be Righteous und The Darkest Night finden sich zwei sehr emotionale und hörenswerte Nummern, Julian Rice oder Truckin' Down The Other Way machen halt beim GlamRock. Der Gitarrist Alvin Lee geht phasenweise ein wenig zurückhaltender als gewohnt zur Sache, garniert Songs wie das fliessende Time And Space aber mit einer wunderschönen Akustikgitarre. Weitaus blues-rockiger geht es auf Burnt Fungus zu, die Orgel von Ronnie Leahy und Alvin an der elektrischen Gitarre verzaubern die live aufgenommene Nummer zu einem Hörerlebnis.

Pump Iron ! rangiert noch heute im unteren Drittel der Lee-Diskographie. Das liegt ganz sicher eher am starken Schnitt seiner Veröffentlichungen als an den wenigen gewöhnungsbedürftigen Momenten. Wer die Platte also in die Finger bekommen sollte, begeht keinen Fehler beim Kauf. Die remasterte Neuauflage ist sauber verarbeitet und liefert einen guten Klang, da gibt es nix zu meckern. Ich hätte mir ein gepolstertes Innersleeve gewünscht aber was soll's, hab ja genug zu Hause...

Bernd Fischer

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